Donnerstag, 17. November 2011

Von Weltkulturerben - Eine Nacherzählung

Der jährlich wiederkehrende Hiataeinzug, seit dem vergangenen Jahr ein UNESCO-Weltkulturerbe, ging vor mittlerweile zwei Sonntagen über die Bühne. Es mag zwar nicht zu leugnen sein, dass man sich ab einem gewissen Alter mit einer ausgedehnten Revitalisierungsphase herumschlagen muss, allerdings darf sich der besorgte Leser wieder erleichtert in den Sessel zurückfallen lassen, es fehlte bisher schlicht und ergreifend am entsprechenden Zeitkontingent, das diese Nacherzählung verdient hat. Ich möchte an dieser Stelle nur gesagt haben, dass ich noch (lange!) nicht in dem oben beschriebenen Alter bin. Ich kenne das Szenario lediglich vom Hören-Sagen. Hiermit ein Hoch auf Kaffee und die Kosmetikindustrie. Wer den Hiataeinzug in Perchtoldsdorf nicht kennt, muss man schon so sagen, hat Entscheidendes verpasst. Das Prinzip ist schnell erklärt: "Ein guter Tag beginnt... mit der besseren Zeitung". Ja genau, wer's glaubt.

Wer die Welt nur mehr durch einen hefetrüben Schleier sieht, der ist beim sogenannten "Staubigen" gelandet. Ausschließlich Banausen sagen zu diesem wohltuenden Zaubertrank "Gschloder", das während dieses Ereignisses kostenfrei ausgeschenkt wird. Dieselben Banausen fragen sich dann in weiterer Folge ein wenig später, wieso in Gottes Namen beim niedergelassenen Heurigen seines Vertrauens dafür satte € 2,40 berappt werden (dürfen). Und die eben angesprochenen Banausen konstatieren dann (ungehört) weiter: "Geschenkt ist noch zu teuer." Und dann geht es freilich solange weiter, bis man Rot von Weiß nicht mehr zu unterscheiden vermag und die Feinmotorik unter dem nicht enden wollenden Leistungsdruck die Patschen streckt.

Wenn wir schon bei Kulturerbe und so sind: Nicht nur erlesene Kaffeehäuser sollten sich mit der UNESCO-Tafel schmücken dürfen. Seit gestern setze ich mich persönlich dafür ein, dass Trafiken den gleichen Anspruch haben sollten. Üblicherweise konzentriert man sich bei Betreten einer Trafik darauf, in dem räumlich so großzügig geplanten Geschäftslokal, in dem man eigentlich annehmen muss, es handle sich dabei um den Bauchladen des Trafikanten, ja kein Eselsohr in eine Zeitung zu biegen. Warum ich als Nichtraucher und Online-Zeitungsleser überhaupt Trafiken visitiere? Diese gute Frage wird folgender Antwort zugeführt: Weil beim Onlineparken der Charme und Esprit des dort üblicherweise als unwirsch und wortkarg anzutreffenden Verkaufspersonals verloren ginge und ebenfalls der Urwiener-Erkenntisreichtum auf der Strecke bliebe. In einer Seitengasse zur Kärnter Straße wurde ich jedenfalls eines Besseren belehrt. Misstrauen wird unwillkürlich im Augenblick des Sprechens geschürt und dann in blankes Entsetzen umgewandelt, wenn der Trafikant zu Scherzen beliebt, sich über grantige Vertreter seiner Gattung beschwert und eine kurzweilige Plauderei beginnt. Beim Verlassen des Geschäftslokales ist es dann nahezu blinder Gehorsam vs. Automatismus nach einer versteckten Kamera zu suchen und leise "Beauty" zu murmeln.

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